Investments zum Wohle der Allgemeinheit: Wie Asset-Manager die Gesellschaft verändern können

Investments zum Wohle der Allgemeinheit: Wie Asset-Manager die Gesellschaft verändern können

Seit der Finanzkrise des Jahres 2008 bringt die Öffentlichkeit dem Finanzsystem erhebliche Skepsis entgegen. Wir sind der Überzeugung, dass Finanzgesellschaften und insbesondere Asset-Manager in diesem schwierigen Umfeld bei der Suche nach Lösungen für etliche Probleme, mit denen die Welt konfrontiert ist, eine wichtige Rolle spielen. In diesem Diskussionspapier erläutert Fiona Frick, CEO von Unigestion, wie Asset-Manager ihrer Auffassung nach zum Wohle der Allgemeinheit investieren können.

Hintergrund

BEITRAG DES KAPITALISMUS ZUR LÖSUNG DER PROBLEME, MIT DENEN DIE WELT KONFRONTIERT IST

In den letzten Jahren wurden die Grenzen des Kapitalismus deutlich sichtbar. 2008 stand das globale Finanzsystem kurz vor den Kollaps, so dass die Regierungen etlicher Länder zu massiven Liquiditätseinschüssen gezwungen waren, deren Rückzahlung Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Nach Auffassung vieler steckt der Kapitalismus in einer Krise.

Das Gute an ihm ist hingegen, dass er ein evolutionäres System und somit eine Art ewige Baustelle ist und daher durch neue Erkenntnisse und Experimente kontinuierlich optimiert wird. In den vergangenen Jahrhunderten hat der Kapitalismus der Menschheit einen rasant steigenden Wohlstand beschert und hunderte Millionen von Menschen aus der Armut befreit. Dieser Prozess ist noch lange nicht an seinem Ende angelangt.

Heute steht die Welt vor neuen Problemen – der Stagnation der Mittelschicht in den Industrieländern, der immer stärkeren Ungleichheit der Einkommen rund um den Globus und einer Fülle ökologischer Probleme. Kann der Kapitalismus zur Lösung dieser Probleme beitragen?

GRUNDLEGENDE VERÄNDERUNG DER PERSPEKTIVEN FÜR UNTERNEHMEN UND INVESTOREN

Noch in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts war das von den meisten Unternehmen verfolgte Hauptziel die Generierung von Shareholder Value durch die Steigerung der Erträge, der Dividenden und des Aktienkurses.

Die Erhebung des Shareholder Value in den Status eines prioritären Ziels führte zu einer kurzsichtigen Fixierung auf Quartalsgewinne und kurzfristige Aktienperformance. Aber eine Erkenntnis aus der Finanzkrise ist die Existenz einer feinen Trennlinie zwischen der nachhaltigen Steigerung des Shareholder Value und der Generierung von Profiten um jeden Preis.

Aber sollte die Steigerung des Shareholder Value überhaupt der Hauptzweck eines Unternehmens sein? Mittlerweile leben wir in einer Welt, in der die Unternehmen andere Ziele als die ausschließliche Bereicherung ihrer Aktionäre verfolgen. So hat sich Google zum allumfassenden Ziel gesetzt, die Informationen, über die die Welt verfügt, zu strukturieren, während Nike den Sportlern in der ganzen Welt Inspiration und Innovation schenken möchte.

Die Finanzkrise hat den Beitrag der Finanzbranche zur Wirtschaft ernsthaft in Frage gestellt. Früher war die Aufgabe des Finanzsystems die Bereitstellung der für das Wachstum der Wirtschaft erforderlichen Kapitalflüsse. Heute müssen wir dafür Sorge tragen, dass das Finanzsystem nicht mehr der Zweck, sondern wieder das Mittel ist. In diesem Diskussionspapier möchten wir aufzeigen, dass Asset-Manager, die zu den Hauptakteuren des Finanzsystems zählen, nicht nur bei der Erzielung von Renditen für ihre Kunden, sondern auch bei der Lösung einiger der dringlichsten Probleme, mit denen die Welt konfrontiert ist, eine wesentliche Rolle spielen.

Eine tragende Rolle spielen dabei auch institutionelle Investoren: einer EFAMA-Studie aus dem Jahr 2014 zufolge stellen sie drei Viertel des Kundenstamms der europäischen Asset-Manager und üben somit einen erheblichen Einfluss aus. Bei den institutionellen Investoren wird immer deutlicher, dass sie sich nicht mehr nur als Treuhänder bei der Erzielung der von ihren Begünstigten/Mitgliedern geforderten Renditen, sondern auch zunehmend als langfristig orientierte Investoren sehen, die auf die Unternehmen, in die sie anlegen, aktiv einwirken und somit einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.

ASSET-MANAGER MÜSSEN ÜBER IHRE ROLLE INNERHALB DER GESELLSCHAFT NACHDENKEN

In diesem veränderten Umfeld stehen Asset-Manager vor der Frage, was sie außer der Erzielung von Renditen für ihre Kunden sonst noch leisten müssen. Wir sind der Überzeugung, dass sie künftig nicht nur an den für ihre Kunden generierten finanziellen Erträgen gemessen werden, sondern auch an ihren Grundwerten, ihrer Ethik und der übergeordneten Rolle, die sie bei der Verbesserung der Gesellschaft, in der wir leben, spielen.

In ihrer Eigenschaft als eine der Säulen des Finanzsystems und als Investoren, die in wirtschaftlich breit diversifizierte Unternehmen sowie in staatliche Emittenten weltweit anlegen, befinden sich Asset-Manager in einer privilegierten Position, um positive Veränderungen zu bewirken. Wir haben vier Schlüsselbereiche identifiziert, in denen Asset-Manager einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten können: diese werden wir in den folgenden Abschnitten nacheinander erörtern.

  1. Unterstützung der alternden Weltbevölkerung bei der Finanzierung ihres Ruhestands
  2. Beitrag zur effizienten Funktion der Finanzmärkte als Transmissionsmechanismus
  3. Finanzierung des langfristigen Bedarfs der Realwirtschaft anstatt Erzielung kurzfristiger Profite
  4. Schaffung der zur Lösung sozialer und ökologischer Probleme erforderlichen Architektur

1. Unterstützung der alternden Weltbevölkerung bei der Finanzierung ihres Ruhestands

ENTWICKLUNG OPTIMALER ALTERSVORSORGELÖSUNGEN

Die Weltbevölkerung wird älter, so dass die Finanzierung des Ruhestands zu einem drängenden Problem wird. Um einen sorgenlosen Ruhestand genießen zu können, müssen Privatpersonen mehr sparen und länger arbeiten, da die staatlichen Rentensysteme finanziell völlig überfordert sind. An Schärfe gewann das Rentenproblem, als die Pensionspläne von leistungs- auf beitragsorientiert umgestellt wurden.

Welche Hilfe können Asset-Manager dabei leisten? Oberflächlich betrachtet, geht es bei der Vermögensverwaltung zwar darum, den Kunden eine bestimmte Rendite auf ihr Vermögen zu versprechen, aber in Wirklichkeit soll ihre künftige finanzielle Sicherheit gewährleistet werden.

Eine wesentliche Aufgabe der Vermögensverwaltung war seit jeher die Unterstützung der Kunden bei der Finanzierung ihres Ruhestands, aber mittlerweile wird dies angesichts der höheren Lebenserwartung und längeren Rentendauer immer schwieriger. Wenn wir nachweislich Anlagelösungen entwickeln, die diesen Anforderungen Rechnung tragen und die längere Rentendauer finanziell absichern, dann zeigen wir, dass unsere Branche dem Wohle der Gesellschaft dient.

Die wichtigsten Faktoren bei jeder Ruhestandsfinanzierung sind weniger der Marktwert des Portfolios oder sein Wertzuwachs als vielmehr sichere künftige Erträge. Wichtige Bausteine zur Erreichung dieses Ziels sind Risikomanagement und die Minimierung der Verluste. So wäre es nicht gut genug, in einem Jahr 40% zu verlieren und im nächsten Jahr 40% gutzumachen, da sich die Schmälerung der Erträge infolge des anfänglichen Verlusts als verheerend für den Endanleger erweisen könnte. Anstatt also lediglich über die Steigerung des Portfoliowertes nachzudenken, sollten sich Asset-Manager auf die Generierung stetiger Erträge und die Entwicklung von Lösungen konzentrieren, die letztendlich mit Rentenzahlungen vergleichbare regelmäßige Auszahlungen garantieren. Somit wird die Verwaltung des Vermögens von Privatanlegern immer stärker mit dem Management von Portfolios institutioneller Investoren mit langfristigen Verbindlichkeiten konvergieren.

Dieser Prozess wird eine Verlagerung vom einfachen Verkauf von Produkten auf die Implementierung lösungsbasierter Ansätze zur Erfüllung der Anforderungen der einzelnen Kunden umfassen. Somit wird es Aufgabe des Asset-Managers sein, die richtigen Produkte an die richtigen Kunden zu verkaufen und dabei zur Sicherung ihrer finanziellen Sicherheit das entsprechende Risikolevel zu wählen.

SENSIBILISIERUNG UND SCHULUNG DER ANLEGER

Eine weitere wichtige Aufgabe von Asset-Managern wird sein, breite Öffentlichkeit hinsichtlich Investments, Risikomanagement und der richtigen Entscheidungsfindung zur Alterssicherung zu sensibilisieren und zu schulen.

Mit der Verlagerung von leistungs- auf beitragsorientierte Pensionspläne wird das Anlagerisiko von den Unternehmen auf ihre Mitarbeiter übertragen. Während dies die Verbindlichkeiten der Unternehmen entlastet, werden dadurch komplexe Entscheidungen in die Hände von Personen gelegt, die nicht unbedingt die für fundierte finanzielle Entscheidungen erforderlichen Kompetenzen besitzen. Wer während seines Berufslebens keine ausreichende finanzielle Vorsorge für seinen Ruhestand trifft, riskiert Altersarmut. Asset-Manager müssen umfassende, aber leicht verständliche Informationen über die verfügbaren Anlagelösungen und ihre Eignung für den jeweiligen Kunden zur Verfügung stellen.

2. Beitrag zur effizienten Funktion der Finanzmärkte als Transmissionsmechanismus

Die für das Wachstum der Wirtschaft erforderlichen Kapitalflüsse werden von der Finanzbranche zur Verfügung gestellt.

Innerhalb dieses Systems kommt Vermögensverwaltungsgesellschaften eine wichtige Rolle zu: europäische Asset-Manager verwalten einen Aktienbesitz, der rund 40% des Streubesitzes börsennotierter europäischer Gesellschaften entspricht. Eine der Hauptaufgaben der Vermögensverwaltungsbranche besteht darin, das möglichst reibungslose Funktionieren der Finanzmärkte sicherzustellen. Wie bewerkstelligen wir dies?

GEWÄHRLEISTUNG EINER ANGEMESSENEN LIQUIDITÄT

Erstens haben wir zu gewährleisten, dass keine Inkongruenz zwischen der Liquidität der in unseren Anlagelösungen gehaltenen Wertpapieren und den Bedingungen für die Rücknahme von Anteilen entsteht, die wir den Anlegern zugesagt haben. Anders ausgedrückt, darf die Liquidität unserer Investmentfonds nicht attraktiver sein als diejenige der von ihnen gehaltenen Basiswerte.

Besteht eine Inkongruenz hinsichtlich der Liquidität und kann ein Fonds in einem fallenden Markt den Rücknahmeanträgen nicht vollumfänglich entsprechen, kann sich dies erheblich auf die Märkte auswirken, da die Preise nicht mehr dem Wert der Basiswerte entsprechen. Besonders krass war dies 2008 der Fall, als Hedgefonds den Rücknahmeanträgen der Investoren nicht nachkommen konnten.

Ähnliche Sorge bereitet heute der Siegeszug der ETFs. In dieser Hinsicht waren 2015 zwei denkwürdige Zwischenfälle zu vermelden. Zunächst war bei US-Aktien bei Handelseröffnung am 24. August ein massiver Ausverkauf zu konstatieren, so dass die Anteilspreise auf US-amerikanische Aktien spezialisierter ETFs weit unter den Wert der von ihnen getrackten Indizes einbrachen. Im weiteren Jahresverlauf brachte im Dezember ein allmählicher Abverkauf bei High Yield-Bonds auf diese Assetklasse spezialisierte ETFs in Schwierigkeiten. Kurz gesagt, sind ETFs als Triebkraft im Markt noch nicht ausreichend getestet und können somit bei fallenden Märkten den Verkaufsdruck erhöhen.

FOKUS AUF EINEM LANGFRISTIGEN HORIZONT ZUR VORBEUGUNG GEGEN EINE EXZESSIVE MARKTVOLATILITÄT

Zweitens kommt Asset-Managern eine wichtige Funktion als langfristigen Buy-and-Hold-Anlegern zu, da sie bei ihren Anlageentscheidungen der Bewertung und dem Wachstumspotenzial der Unternehmen vertrauen. Indes sind alarmierend viele Marktteilnehmer nicht langfristig orientiert, sondern kaufen und verkaufen munter darauf los in der Hoffnung, bei Problemen rechtzeitig vom fahrenden Zug abspringen zu können.

Die von dieser Kurzfristigkeit ausgehende Gefahr ist eine hohe Volatilität der Aktienkurse, die ein Risiko für Anleger darstellt. Hinzu kommt, dass sie Asset-Managern und den Unternehmen, in die sie investieren, keinen Anreiz für langfristige Strategien bietet, da sich deren Erfolg nicht unmittelbar messen lässt. Anstatt Institutionen und (politische) Leader zur Bewältigung komplexer langfristiger Herausforderungen zu ermutigen, belohnen wir sie für das genaue Gegenteil. Häufig scheint es lohnender, mit einer einfachen Wette schnelles Geld zu machen als schwierige Phasen zu überstehen und danach nachhaltige Gewinne zu erzielen, die der ganzen Gesellschaft zugute kommen.

So sollten die Anreize für Asset-Manager auf langfristigen Renditekennzahlen unter Berücksichtigung von Risikomaßen basieren. Anleger wiederum sollten Aktien nicht nur „mieten“ und – sobald ein Gewinn winkt – schnellstmöglich wieder verkaufen bzw. – wenn sie nicht sofort im Kurs steigen – abstoßen. Vielmehr sollten sie sich als deren langfristige Besitzer betrachten.

De facto herrscht in der gesamten Wirtschaft ein zu hohes Maß an Kurzfristigkeit. Unternehmen werden nicht an ihrer langfristigen finanziellen Leistung und an ihrem Zukunftspotenzial gemessen, sondern an den Zahlen des abgelaufenen Quartals. Asset-Manager werden von ihren Kunden hauptsächlich anhand ihrer Performance seit Jahresbeginn anstatt anhand ihrer langfristigen Leistung beurteilt.

Aber das muss nicht so sein, und das war früher auch nicht so. Erst seit ungefähr zehn Jahren liegt der Fokus so stark auf Kurzfristigkeit. Zuvor war ein Horizont von drei bis fünf Jahren die Regel. Blickt man zurück in die Zeit, als die Börse noch in den Kinderschuhen steckte, erkennt man, dass die Grundidee von Aktienanlagen die Nutzung des langfristigen Wachstums der emittierenden Gesellschaft war.

Daher ist es wichtig, dass Vermögensverwalter langfristig investieren und vorübergehenden Störgeräuschen am Markt keine allzu große Aufmerksamkeit schenken. Institutionelle Investoren spielen dabei ebenfalls eine Rolle, da sie langfristige Verbindlichkeiten zu honorieren haben und ihre Asset-Manager nicht nur über die letzten Monate, sondern über einen mit ihren Verbindlichkeiten vergleichbaren Zeitraum beurteilen sollten. Auf diesen Punkt werden wir später noch zurückkommen.

BEITRAG ZUR PREISBILDUNG UND VORBEUGUNG GEGEN KURSBLASEN

Drittens können Asset-Manager die Effizienz der Märkte gewährleisten, indem sie einen Beitrag zur Preisbildung leisten. Aber dieser Aufgabe, die zu ihren wichtigsten Funktionen zählt, können nur aktive Manager gerecht werden.

Vor einem Jahrzehnt repräsentierten passive Fonds nur rund 5% des an den globalen Aktienmärkten investierten Vermögens. Mittlerweile beträgt ihr Anteil rund 20%. Passive Investments sind das Mittel der Wahl, um die Verwaltungsvergütungen niedrig zu halten und die Liquidität der Märkte zu gewährleisten, aber wenn es um Preisbildung geht, können sie mit aktiven Managern nicht mithalten.

Was bedeutet dies in der Praxis? Einfach ausgedrückt, sammeln aktive Manager so viele Informationen wie möglich über eine Aktie und errechnen aus diesen den von ihnen als korrekt erachteten Aktienkurs, der somit das Abbild ihrer Einschätzung darstellt. Ohne aktive Manager hätten wir keine Vorstellung vom korrekten Preis eines Wertpapiers.

Im Gegensatz dazu sind passive Investoren Trittbrettfahrer, die zu minimalen Kosten am Markt agieren und sich so die hohen, mit einem Researchprozess – dessen Ziel ja die Ermittlung des korrekten Preises ist – verbundenen Kosten sparen.

Zudem erfolgt bei ihnen die Kapital-Allokation nicht anhand des Vertrauens in das Wachstumspotenzial oder die Attraktivität eines Unternehmens, sondern anhand der Zusammensetzung eines Marktindex. Somit könnte man passives Investieren mit einem Blick in den Rückspiegel vergleichen. Ist ein Unternehmen im Index vertreten, sind passive Investoren gezwungen, es auch dann zu halten, wenn seine Bewertung nicht mehr seinen Fundamentaldaten entspricht. Je höher der Anteil des in passive Strategien investierten Kapitals ist, desto höher ist logischerweise die Wahrscheinlichkeit einer Blasenbildung und drastischer Performanceschwankungen.

Damit sollen keineswegs Sinn und Zweck passiver Investments in Frage gestellt werden, aber das rasante Wachstum dieser Anlageform wirft die Frage auf, ob sie mittlerweile den Markt anführt statt ihm zu folgen. Die mit passivem Investieren verbundenen gesellschaftlichen Negativeffekte sind eine höhere Volatilität und eine geringere Effizienz des Aktienmarktes. Würden Investments allesamt passiv gemanagt, würde die Hauptfunktion des Marktes – nämlich die Preisbildung – eliminiert. Zudem sind passive Investments bisweilen mit unangemessenen Risiken verbunden. So waren Anleger, die 2008 in einen passiven Fonds investierten, in einigen höchst riskanten Sektoren (z. B. Finanzdienstleistungen) engagiert, die kurz vor dem Kollaps standen und somit von aktiven Managern weitgehend gemieden wurden. Aktives Management auf der Basis bewährter Risikofaktoren bietet das höchste Potenzial zur Erzielung attraktiver, langfristiger risikoadjustierter Renditen.

3. Langfristige Finanzierung der Wirtschaft

ASSET-MANAGER ALS IDEALE PARTNER FÜR LANGFRISTIGE FINANZIERUNGEN

Ein verstärktes Engagement der Asset-Manager für die langfristige Finanzierung der Wirtschaft wäre mit signifikanten Vorteilen verbunden. Im Gegensatz zu Banken, die kurzfristige Gelder zur Kapital-Allokation verwenden, setzen Asset-Manager das von institutionellen Investoren bereitgestellte langfristige Kapital ein (natürlich immer vorausgesetzt, dass diese investiert bleiben) und schlagen somit eine stabile Brücke zwischen Investoren und dem Finanzierungsbedarf der Realwirtschaft. Zudem zeigt die Geschichte, dass nur sehr wenige Asset-Manager in Konkurs gegangen sind oder vom Staat gerettet werden mussten. Aktive Asset-Manager verteilen das verfügbare Kapital auf konkurrierende Segmente/Sektoren/Aktivitäten. Tun sie dies richtig, wird damit das Wirtschaftswachstum angekurbelt, da diejenigen Aktivitäten, welche die höchsten risikoadjustierten Renditen generieren, als Investments am attraktivsten sind.

Somit erfüllen Asset-Manager eine wichtige gesellschaftliche Funktion, was die Kanalisierung des Kapitals zur Finanzierung des Wachstums angeht, aber beileibe nicht jedes beliebigen Wachstums. Ultimatives Ziel sollte eine nachhaltige Expansion der Wirtschaft sein, die das Risiko einer weiteren großen Finanzkrise minimiert.

Wie können wir dieses Ziel erreichen? Auch dabei müssen institutionelle Investoren und Asset-Manager in enger Abstimmung in Unternehmen mit einem nachhaltigen Wachstumsmodell anlegen, anstatt nur auf schnelle Kurszuwächse – sprich Gewinnmitnahmen – zu setzen. In Europa sind rund 75% der Vermögensverwaltungskunden institutionelle Investoren (vor allem Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften), so dass sie federführend dafür Sorge zu tragen haben, dass die Unternehmen, in die sie anlegen, ihrer sozialen Verantwortung als Unternehmen gerecht werden und eine gute Corporate Governance praktizieren.

Da die Verbindlichkeiten unserer größten Kunden – Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften – eher langfristiger Natur sind, empfehlen sich Asset-Manager logischerweise als ideale Partner für eine langfristige Finanzierung der Wirtschaft, vor allem durch Beteiligungen sowie private und staatliche Schuldtitel.

Dies gilt selbstredend auch für Anlagen in Private Equity und an den Aktienmärkten. Die Grundideen von Private Equity sind der Einschuss von Betriebskapital in viel versprechende Unternehmen und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung der Produkte, des operativen Geschäfts oder des Managements bei angemessener Vergütung der damit verbundenen Risiken für die Aktionäre. Da Private Equity-Investments langfristiger Natur sind, bleibt den Investoren noch mehr Zeit, um die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen in ihre Strategien einzubeziehen.

RADIKALES UMDENKEN

Aber bisher ist die Implementierung eines langfristigen Ansatzes leichter gesagt als getan. Grund ist die oben bereits erörterte Kurzfristigkeit. Beispielsweise ist die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts von acht Jahren auf ein Jahr gesunken, während die Amtszeit eines CEO gerade einmal drei Jahre beträgt. Was kann Topmanager unter diesen Umständen zur Implementierung einer langfristigen Strategie motivieren? So wie es aussieht, wird ihre Leistung an extrem kurzfristigen Parametern gemessen.

Dies wird in den Finanznachrichten mustergültig illustriert. Kurzfristige Financial Engineering-Maßnahmen wie Aktienrückkäufe, Dividenden, Spinoffs und Beteiligungsverkäufe sind auf dem Vormarsch und lassen auf kurze Sicht die Aktienkurse in den meisten Fällen in die Höhe schnellen. Aber auf längere Sicht können derartige Aktivitäten unerwünschte Nebenwirkungen haben und die Finanzlage eines Unternehmens schwächen, vor allem wenn es zum Rückkauf eigener Aktien Kapital aufnimmt. Dies beeinträchtigt die langfristige Wertschöpfung und kann letztendlich dem Unternehmen wie auch seinen Investoren schaden, selbst wenn die Aktienkurse vorübergehend steigen.

Illustriert wird dies in einem 2015 vom McKinsey Global Institute veröffentlichten Bericht, der nachweist, dass die durchschnittliche Schwankung der Investitionsrendite bei nordamerikanischen Unternehmen heute um 60% über den Wert des Zeitraums 1965–1980 liegt. Hinzu kommt, dass Aktiengesellschaften angesichts der Fixierung auf Kurzfristigkeit eventuell diese Gesellschaftsform aufgeben und in privaten Besitz rücküberführt werden, damit sie eine langfristige Strategie umsetzen können, ohne sich um Quartalszahlen kümmern zu müssen. In den USA hat sich die Zahl börsennotierter Aktiengesellschaften, die 1996 noch 8.000 betrug, seither halbiert.

Um diese Entwicklung einzudämmen, müssen Asset-Manager als langfristig orientierte Anleger agieren und sicherstellen, dass sich die Unternehmen nicht allzu stark auf tägliche Schwankungen des Aktienkurses fixieren, sondern ihre langfristige Zukunft planen und intelligent in diese investieren. So gilt es, CEOs Anreize für Investitionen in Forschung, Innovation sowie Mitarbeiterschulung zu bieten und diejenigen Investitionen zu tätigen, die für die langfristige Sicherung des Wachstums und der Marktposition des Unternehmens angesichts der ständigen Veränderung der Kundenanforderungen relevant sind.

DIE INVESTOREN MÜSSEN INS BOOT GEHOLT WERDEN

Voraussetzung dafür ist, dass die institutionellen Investoren bei der Wahl ihrer Asset-Manager und der Beurteilung ihrer Investmentperformance ebenfalls langfristig denken. Dies könnte man dadurch erreichen, dass man die Vergütungsstruktur an langfristigen Performancezielen ausrichtet, wobei wir einen Horizont von fünf Jahren – die ungefähre Dauer eines Investitionszyklus – für angemessen halten.

Analog dazu sollten interne Manager institutioneller Investoren ebenfalls über längere Zeiträume beurteilt werden. Werden sie an ihrer Performance über ein Jahr gemessen, obwohl der Pensionsfonds langfristige Verbindlichkeiten zu honorieren hat, entfällt für sie jegliche Motivation, die externen Asset-Manager anhand ihrer langfristigen Leistung zu beurteilen.

Obwohl eine Verlagerung auf einen langfristigen Fokus eine einschneidende Veränderung gegenüber der heutigen Praxis darstellen würde, wäre sie im besten Interesse der Investoren selbst. Da die meisten institutionellen Investoren selbst einen langfristigen Anlagehorizont haben, wäre ein nachhaltiges langfristiges Wachstum der Unternehmen, in die sie anlegen, für sie von großem Vorteil.

4. Schaffung der zur Lösung sozialer und ökologischer Probleme erforderlichen Architektur

INVESTITIONEN IN DIE LÖSUNG LANGFRISTIGER PROBLEME

In seinem Buch Finance and the Good Society versucht der US-amerikanische Ökonom Robert Shiller die Definition einer „guten“ Gesellschaft und des möglichen Beitrags der Finanzbranche zur Verbesserung der Welt, in der wir leben. Im Klartext kann das Finanzsystem, das ja als Transmissionsmechanismus jedwede menschliche Aktivität erleichtern soll, Zwecken dienen, die über die reine Finanzierung der Wirtschaft hinausgehen. So kann es uns bei der Erreichung höherer gesellschaftlicher Ziele – z.B. der Steigerung des Wohlstands aller Menschen oder dem Schutz der Umwelt – helfen.

Das Finanzwesen ist nicht nur eine Maschine zum Geldverdienen, sondern dient höheren Zielen, z.B. der Förderung von Wohlstand, Gleichheit oder finanzieller Sicherheit. Zwischen diesen höheren Zielen und der Erzielung von Gewinnen sollte kein Konflikt bestehen: Gewinne können durchaus Folge höherer Ziele sein. Gewinne sind für jedes Unternehmen lebenswichtig, aber sie müssen nicht unbedingt sein Hauptzweck sein. Gewinne sind für Unternehmen wie Trinkwasser für den Menschen, aber das Leben besteht nicht nur aus Trinkwasser.

Wohlstand definiert sich nicht nur in Bezug auf monetäre Werte wie Einkommen oder Vermögen, sondern als Summe von Lösungen für Probleme, mit denen alle Menschen konfrontiert sind. So gesehen, geht es bei der Vermögensverwaltung nicht nur um die Allokation von Kapital, sondern um die Kanalisierung von Investitionen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme.

Somit sollten Vermögensverwaltungsgesellschaften nicht nur das Vermögen ihrer Kunden mehren, sondern auch positiv auf die Gesellschaft einwirken. In der Vergangenheit dienten Investmentfonds vor allem der Diversifizierung des Vermögens von Privatpersonen, so dass immer mehr Menschen – nicht nur Reiche – ihr Kapital mehren konnten. Seit einiger Zeit soll mit Robo-Advisors Vermögensverwaltung einer breiteren Kundschaft zugänglich gemacht werden.

Dieser Trend zeichnet sich auch bei unseren Kunden ab. Immer mehr unserer Investoren müssen ihren Stakeholdern zeigen, dass ihre Anlagen über den Wertzuwachs hinaus noch weitere positive Auswirkungen haben. Beispielsweise sollen wir nicht nur das Renditepotenzial maximieren und die Volatilität unter Kontrolle halten, sondern auch nachweisen, wie viele Arbeitsplätze durch ihre Investitionen geschaffen oder wie viele Kredite zur Finanzierung des Wirtschaftswachstums gewährt wurden. Vor diesem Hintergrund ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen den Vermögensinhaber und ihren Vermögensverwaltern zu beobachten, wobei die Investoren immer höhere sozial-ethische Anforderungen an ihre Asset-Manager stellen.

So zählen die UN-Grundsätze für verantwortungsbewusstes Investment bereits über 1.400 Unterzeichner, darunter viele Vermögensinhaber und Asset-Manager. Diese Grundsätze fordern Asset-Manager zu einer verantwortungsvollen Aufsicht über die Unternehmenslandschaft auf und haben bereits eine deutliche Verbesserung der Corporate Governance bewirkt. Beispiele hierfür sind die Ausübung von Stimmrechtsvollmachten durch Asset-Manager und ihre aktive Einflussnahme zur Verbesserung der Corporate Governance-Grundsätze.

KAMPF GEGEN DEN KLIMAWANDEL

Emissionsarme Technologien / Unternehmen sind seit einigen Jahren als Investment sehr gefragt. Diese verstärkte Berücksichtigung des CO2- bzw. Klimarisikos in Portfolios ist Folge der Sorge um den Klimawandel und des zunehmenden Drucks durch Regierungen, Universitäten, Religionsgemeinschaften und NGOs. Dies gilt insbesondere für langfristig orientierte Investoren wie Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften oder Staatsfonds.

Es wächst der Druck auf Investoren, insbesondere aber auf die Vermögensinhaber zur Erfüllung ihrer treuhänderischen Verpflichtungen hinsichtlich des Ausweises und der Verringerung von CO2-Emissionen. Jegliches CO2-Risiko ist imageschädigend und wird von den Regulierungsbehörden abgestraft, so dass seine Identifizierung und Minimierung oberstes Gebot ist.

Bei der Umstellung auf eine emissionsarme Wirtschaft können Asset-Manager eine Schlüsselrolle spielen. So können sie ihre Exposure in Unternehmen senken, die fossile Brennstoffe fördern und verarbeiten, sie können Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen boykottieren, sie können Projekte im Sektor der erneuerbaren Energien fördern, wobei diese Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. De facto tendieren Vermögensverwalter seit einigen Jahren verstärkt zu Anlagen in Unternehmen, die alternative Energiequellen erschließen. Die Gründe hierfür sind das hohe Renditepotenzial und die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Zusammenfassung

Angesichts der Nachwehen der Krise des Jahres 2008, die noch immer das Leben von Millionen von Menschen rund um den Globus belasten, überrascht es kaum, dass die Finanzbranche von großen Teilen der Öffentlichkeit nach wie vor mit erheblichem Argwohn betrachtet wird. Aber wir sind der Überzeugung, dass die Finanzbranche auch der Gesellschaft dienlich ist.

So spielen insbesondere Asset-Manager eine wesentliche Rolle bei der Behebung einiger der dringlichsten Probleme, mit denen die Welt derzeit konfrontiert ist. Somit müssen wir nachweisen, dass wir zur Entwicklung sinnvoller Anlagelösungen, die den aktuellen Herausforderungen Rechnung tragen und zur Finanzierung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums beitragen, in der Lage sind.

Als Bindeglied zwischen Kapitalgebern und -nehmern befinden wir uns in einer privilegierten Position. Diese Chance zur Verbesserung der Welt, in der wir leben, gilt es optimal zu nutzen. Dies ist genauso wichtig wie die Mehrung des Vermögens unserer Kunden. Gelingt uns dies, dann wird die skeptische Öffentlichkeit unserer Branche ihre Daseinsberechtigung nicht mehr absprechen können.


Wichtiger Hinweis

Dieses Dokument stellt weder ein Angebot noch eine Anlageberatung oder Aufforderung zur Zeichnung der hierin beschriebenen Strategien oder Anlageinstrumente dar. Einige der hierin beschriebenen oder erwähnten Strategien können als hoch riskant und nicht leicht realisierbare Investitionen gelten, die zu hohen und plötzlichen Verlusten, einschließlich des Totalverlustes der Investition, führen können. Derartige Investitionen sind nicht für alle Investorenkategorien geeignet. Die in diesem Dokument veröffentlichen Meinungsäußerungen erheben keinen Anspruch auf eine erschöpfende Beschreibung von Wertpapieren, Märkten oder Entwicklungen, auf die hierin Bezug genommen wird. Sofern vorliegendes Dokument Aussagen über die Zukunft enthält, handelt es sich um zukunftsgerichtete Informationen, die mehreren Risiken und Unwägbarkeiten unterliegen, einschließlich der Auswirkungen von Konkurrenzprodukten, Marktakzeptanz- und sonstiger Risiken, wobei diese Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Die Daten und grafischen Informationen in diesem Dokument dienen ausschließlich Hinweiszwecken. Es wurde keine gesonderte Prüfung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Daten vorgenommen, die aus externen Quellen wie Fondsmanagern, Verwaltungsstellen, Depotbanken und sonstigen Dritten stammen können. Folglich übernimmt Unigestion diesbezüglich weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Gewährleistung oder Garantie in Bezug auf die hierin enthaltenen Informationen, so dass jedwede Haftung hierfür ausgeschlossen ist. Alle hierin enthaltenen Informationen können sich jederzeit ohne Ankündigung ändern. Sie sind nur zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung aktuell, unabhängig davon, wann der Empfänger sie zur Kenntnis nimmt. In der Vergangenheit erzielte Ergebnisse sind kein Anhaltspunkt für zukünftige Renditen. Anleger sollten beachten, dass der Wert der Anlagen und der mit ihnen erzielten Erträge sowohl sinken als auch steigen kann und nicht garantiert wird. Veränderungen der Wechselkurse können dazu führen, dass der Wert der Anlagen steigt oder sinkt. Eine Investition bei Unigestion birgt Risiken wie alle anderen Investitionen, einschließlich des Totalverlustes für den Investor.