Lohnwachstum Ist Entscheidend Im Aktuellen Kontext

| Multi-Asset | Macro Views
Salman Baig
Portfolio Manager, Cross Asset Solutions

Unser Kernszenario für 2022 ging von einer Normalisierung aus: eine Abkühlung des Wirtschaftswachstums auf das Potenzialniveau, was zusammen mit nachlassenden Angebotsengpässen auch die Inflation abflachen lassen würde. Während sich der erste Makrotrend bestätigt hat, ist der zweite bestenfalls aufgeschoben oder schlimmstenfalls entgleist. Die Wachstumsbedingungen haben sich deutlich normalisiert, aber der Ukraine-Konflikt und die zusätzlichen Lockdowns in China haben die Versorgungsketten weiter gestört und die Preise verschiedener Rohstoffe in die Höhe getrieben, was das Inflationsniveau stützt. Die Art und Weise und das Tempo, in dem sich diese divergierenden Kräfte ausgleichen, werden die Finanzmärkte in den kommenden Monaten bestimmen: Wird es den Zentralbanken gelingen, die Inflation einzudämmen und gleichzeitig eine harte Landung zu vermeiden? Oder wird die inflationäre Denkweise die Oberhand gewinnen?


 

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Tom Petty, 1994





What’s Next?

Wachstum stagniert

Nach den beispiellosen fiskal- und geldpolitischen Anreizen infolge der Pandemie und der anschließenden Lockdowns überrascht eine Verlangsamung des weltweiten Wachstums niemanden. Wichtig ist, dass der größte Teil der Anreize – direkte Zahlungen an Haushalte und Unternehmen – bereits auf die Wirtschaft durchgeschlagen zu haben scheint, da die Sparquoten der Haushalte in den USA und Europa wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückgegangen sind. Gleichzeitig ist das reale Lohnwachstum in den USA und der Eurozone seit fast einem Jahr negativ (Abbildung 2), da die Nominallohnerhöhungen nicht mit der Inflation mithalten konnten.

Abbildung 1: Reales Lohnwachstum (%)

Quelle: Bloomberg, Unigestion, Stand: 07. April 2022

Vor dem Hintergrund niedrigerer Realeinkommen und geringerer Ersparnisse ist es nicht überraschend, dass sich die tatsächlichen Ausgaben deutlich verlangsamt haben. Abbildung 2 zeigt die monatlichen Veränderungen der realen Einzelhandelsumsätze in den USA, Deutschland und China und verdeutlicht, wie stark das Verkaufsvolumen zurückgegangen ist.

Abbildung 2: Reale Einzelhandelsumsätze im Vormonatsvergleich (3-Monats-Durchschnitt, %)

Quelle: Bloomberg, Unigestion, Stand: 07. April 2022

Im Unternehmenssektor ist angesichts der nachlassenden Nachfrage natürlich eine deutliche Verlangsamung zu beobachten. Die Einkaufsmanagerindizes sind stark zurückgegangen, wie in Abbildung 3 dargestellt. Die Auswirkungen der Lockdowns in China sind besonders deutlich: PMIs unter 50 deuten auf eine Schrumpfung der Wirtschaft hin.

Abbildung 3: US und China Composite PMIs

Quelle: Bloomberg, Unigestion, Stand: 07. April 2022

Duell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Eine Verlangsamung der Nachfrage würde normalerweise den Preisdruck eindämmen, aber nach weiteren Unterbrechungen der Lieferketten infolge des russischen Einmarsches in der Ukraine und Lockdowns in China sind die Rohstoffpreise weiter stark gestiegen. Wichtig ist jedoch die Tatsache, dass der Preisanstieg weitgehend konstant war, was das allgemeine Inflationsbild stabilisieren dürfte. Zudem ist zu beachten, dass die Inflation zwangsläufig rückblickend ist und die Preisentwicklung des letzten Jahres widerspiegelt. Sie gibt keinen Aufschluss über die künftige Entwicklung, was für Anleger von größter Bedeutung ist. Mit Blick auf die Zukunft wird die Inflationsentwicklung wahrscheinlich von der Reaktion der Löhne auf die steigenden Preise in der Gesamtwirtschaft bestimmt werden. Die angespannten Arbeitsmärkte (siehe Abbildung 4) haben zu einem höheren Nominallohnwachstum geführt, das jedoch nicht mit der Inflation Schritt halten konnte.

Abbildung 4: Arbeitslosenraten

Quelle: Bloomberg, Unigestion, Stand: 07. April 2022

Die 1970er Jahre sind vielen Anlegern im heutigen Kontext noch gut im Gedächtnis, als sich nach dem Ölschock von 1973 eine inflationäre Denkweise durchsetzte. Die Arbeitnehmer verlangten immer höhere Nominallöhne, obwohl ihre Reallöhne sanken, was zu einem Rückgang der realen Nachfrage und damit zur gefürchteten Stagflation führte. Die Inflationserwartungen sind im letzten Jahr deutlich gestiegen, aber wie Abbildung 5 zeigt, sind sie immer noch nicht auf dem Niveau, das in den Tiefen der 1970er Jahre zu beobachten war. Wichtig ist, dass die längerfristigen Inflationserwartungen mit den Niveaus vor der Finanzkrise übereinstimmen, was darauf hindeutet, dass eine dauerhafte inflationäre Einstellung noch nicht eingetreten ist. Die jeweiligen Entscheidungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den nächsten Monaten werden letztlich darüber entscheiden, ob die derzeitige Inflationsphase relativ bald abklingt oder sich in den kommenden Jahren als Teil einer schmerzhaften Preis-/Lohnspirale fortsetzt.

Abbildung 5: Umfrage der University of Michigan zu den Inflationserwartungen

Quelle: Bloomberg, Unigestion, Stand: 07. April 2022

Weiterhin vorsichtig

Nach einem ereignisreichen Jahresbeginn dürften die nächsten Monate den Anlegern mehr Aufschluss über die Nachhaltigkeit des derzeitigen inflationären Umfelds und die daraus resultierende Reaktion der Geldpolitik geben. Die Schlüsselfrage ist, inwieweit die Zentralbanker die Realzinsen anheben können, um die Inflation zu zähmen, ohne eine Rezession auszulösen, oder ob sich eine inflationäre Denkweise durchsetzt und die Löhne und Inflationserwartungen in die Höhe treibt, wodurch die realen Renditen gedrückt bleiben. Die Märkte erwarten von Zentralbanken wie der Fed, dass sie eine „harte Landung“ erfolgreich vermeiden, was jederzeit eine schwierige Aufgabe ist, geschweige denn während eines großen geopolitischen Konflikts. Im Hinblick auf die Asset-Allokation ziehen wir es vor, bei einem derart hohen Maß an Unsicherheit unser Risiko moderat und unser Exposure selektiv zu halten: Die Untergewichtung von Anleihen und die Übergewichtung von Aktien und realen Vermögenswerten sind bescheiden und auf Märkte ausgerichtet, die unserer Meinung nach am widerstandsfähigsten gegenüber den geldpolitischen und geopolitischen Risiken sind.

Unigestion Nowcasting

World Growth Nowcaster

World Inflation Nowcaster

Market Stress Nowcaster

Wöchentliche Veränderung

  • Letzte Woche stieg unser World Growth Nowcaster an, nachdem US-Daten ein besseres Konjunkturbild zeigten.
  • Unser World Inflation Nowcaster war stabil, da der Inflationsdruck weitgehend hoch und stabil blieb.
  • Unser Marktstress-Nowcaster ging aufgrund der verbesserten Liquiditätsbedingungen leicht zurück.

Quellen: Unigestion, Bloomberg, Stand: 08 April 2022


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